Information zur Assistenz im Krankenhaus
Seit 2009 gibt es einen Rechtsanspruch auf Assistenz im Krankenhaus für Menschen, die ihre Assistenz im Arbeitgebermodell organisieren und bei einem Krankenhausaufenthalt auf ihre Persönliche Assistenz nicht verzichten können (§ 11 Abs. 3 SGB V). Dies soll verhindern, dass wichtige Krankenhausaufenthalte verschoben oder ganz abgesagt werden müssen. Die Regelung bezieht sich jedoch nur auf den oben genannten kleinen Personenkreis.
Seit dem 1. November 2022 haben nun mehr Menschen mit Behinderungen Anspruch auf die Mitnahme einer Begleitperson während eines Krankenhausaufenthalts. Die Neuregelungen berücksichtigen neben den Assistenzpersonen im Arbeitgebermodell nun auch Personen aus dem persönlichen Umfeld des Menschen mit Behinderungen oder vertraute Mitarbeitende eines Leistungserbringers, wenn Betroffene Eingliederungshilfe-Leistungen erhalten. Für solche Begleitpersonen können Menschen mit Behinderungen neuerdings einen Ausgleich für den Verdienstausfall beantragen. Die Dauer des Verdienstausfalls ist nicht begrenzt.
Im Folgenden werden die gesetzlichen Regelungen zu zwei möglichen Handlungsoptionen erläutert:
- Mitnahme einer Begleitperson aus dem engen persönlichen Umfeld gemäß § 44b SGB V bei vorliegender medizinischer Notwendigkeit.
- Mitnahme von vertrauten Mitarbeiter*innen des Leistungserbringers im Rahmen der Eingliederungshilfe über § 113 Abs. 6 SGB IX.
Gesetzlich Versicherte haben einen Anspruch auf Krankengeld, wenn sie als nahe Angehörige oder als Person aus dem engsten persönlichen Umfeld zur Begleitung eines*einer Versicherten mit Behinderungen bei einer stationären Krankenhausaufnahme nach § 39 SGB V mitaufgenommen werden (mehr zur Höhe des Krankengelds).
Der Antrag auf Krankengeld als Begleitperson wird bei der gesetzlichen Krankenkasse gestellt. Es gelten dabei die folgenden Voraussetzungen:
- Die Begleitung wird aus medizinischen Gründen benötigt.
- Der*Die Betroffene erhält Eingliederungsleistungen nach Teil 2 des SGB IX, § 35a des SGB VIII oder § 27d Absatz 1 Nummer 3 des Bundesversorgungsgesetzes.
- Er*Sie nimmt keine Leistungen nach § 113 Absatz 6 SGB IX in Anspruch.
Für die Begleitperson müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Sie erbringt gegenüber dem begleiteten Versicherten keine Leistungen der Eingliederungshilfe gegen Entgelt (nach Teil 2 des SGB IX, § 35a SGB VIII oder § 27d Absatz 1 Nummer 3 Bundesversorgungsgesetzes).
- Ihr entsteht durch die Begleitung ein Verdienstausfall.
Das Krankengeld erhält die betreuende Person für die gesamte Dauer der stationären Mitaufnahme. Der Mitaufnahme steht auch eine ganztägige Begleitung durch die betreuende Person gleich (§ 44b Abs. 1 Satz 2 SGB V). Eine ganztägige Begleitung liegt vor, wenn die Zeit ihrer Anwesenheit im Krankenhaus zusammen mit den Zeiten ihrer An- und Abreise mindestens 8 Stunden beträgt.
Von einer medizinischen Notwendigkeit der Mitaufnahme einer Begleitperson ist auszugehen, wenn einer der folgenden Gründe vorliegt:
- Begleitung zum Zweck der Verständigung bei erheblicher oder kompletter Beeinträchtigung der Kommunikation.
- Begleitung damit Patient*innen mit den Belastungssituationen besser umgehen können, die mit der Krankenhausbehandlung verbunden sind (insbesondere bei fehlender Kooperations- und Mitwirkungsfähigkeit).
- Begleitung zum Einbezug in das therapeutische Konzept während der Krankenhausbehandlung oder zur Einweisung in Maßnahmen, die nach der stationären Krankenhausbehandlung weiterhin notwendig sind.
Diese Kriterien hat der Gemeinsame Bundesausschuss der Krankenkassen (G-BA) beschlossen und in der "Richtlinie über den Personenkreis von Menschen mit Behinderung, die eine Begleitung im Krankenhaus aus medizinischen Gründen benötigen" veröffentlicht. Der G-BA ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen. Er erlässt im Auftrag des Gesundheitsministeriums Richtlinien zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen. Die Richtlinie kann auf der Webseite des G-BA heruntergeladen werden. Das Bundesministerium für Gesundheit hat die Richtlinie nicht beanstandet und so trat sie ebenfalls zum 01.11.2022 in Kraft.
Die medizinische Notwendigkeit ist festzustellen und zu bescheinigen. Am besten erfolgt dies im Vorfeld der Krankenhausbehandlung durch Ärzt*innen, Zahnärzt*innen oder Psychotherapeut*innen mit Krankenkassenzulassung. Die Bescheinigung kann aber auch direkt im Krankenhaus durch die entsprechenden Fachärzt*innen des Krankenhauses ausgestellt werden.
Wie bisher gilt auch weiterhin: Eltern, die ihr erwachsenes Kind mit Behinderungen im Krankenhaus begleiten, haben einen Anspruch auf das tageweise und höhere Krankengeld (90 % des Arbeitseinkommens). Dieser Anspruch ist allerdings auf eine bestimmte Anzahl von Tagen im Jahr begrenzt (vgl. hierzu die Regelungen zum Kinderkrankengeld, § 45 SGB V). Weitere Information zur Begleitung von sowohl behinderten als auch nicht behinderten minderjährigen Kindern bei einer stationären Behandlung im Krankenhaus hat der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages in diesem PDF zusammengefasst. Auch auf betanet finden Sie weiterführende Details.
Bei einer stationären Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) einer Person mit Behinderungen muss der Träger der Eingliederungshilfe auch Leistungen für die Begleitung und Befähigung des Leistungsberechtigten durch vertraute Bezugspersonen übernehmen, wenn diese Bezugsperson den Menschen mit Behinderungen schon im Alltag als Mitarbeiter*in eines Leistungserbringers der Eingliederungshilfe unterstützt. Das Ziel ist auch hier die Sicherstellung der Durchführung der Behandlung. Dabei dürfen die Bezugspersonen nur eine Unterstützung bei der Verständigung und im Umgang mit Belastungssituationen erbringen. Die Verantwortung für die pflegerische Versorgung bleibt demgegenüber beim Krankenhaus (s.u.).
Die neuen Regelungen sind seit 1. November auf gesetze-im-internet.de. Die Lebenshilfe hat alle neuen Regelungen zur Begleitung im Krankenhaus in einem PDF zusammengestellt.
Der Anspruch besteht selbstverständlich auch bei Leistungen der Eingliederungshilfe außerhalb besonderer Wohnformen und im Persönlichen Budget.
Eine Kostenübernahme erfolgt hier im Unterschied zur Krankenversicherung auch bei stundenweiser Begleitung. Ebenfalls im Unterschied zur Krankenversicherung kommt es hier auf die besonderen Bedürfnisse des Menschen mit Behinderungen an und nicht auf die o.g. medizinischen Gründe.
In der zum 1. November 2022 ebenfalls neu hinzugefügten Nummer 7 des Absatzes 4 von § 121 SGB IX (Gesamtplan) wird zudem festgelegt, dass bereits im Gesamtplanverfahren die Notwendigkeit einer Begleitung im Krankenhaus erörtert und im Gesamtplan aufgenommen wird. So muss bei einem Krankenhausaufenthalt nicht erst der Leistungsanspruch geklärt werden.
Die Verpflichtungen des Krankenhauses bleiben bestehen
Das Personal im Krankenhaus bleibt weiterhin verpflichtet, die pflegerische Versorgung sicherzustellen. Dazu gehören z.B. die Grundpflege und das Anreichen der Nahrung. Der Versorgungsauftrag des Krankenhauses hinsichtlich der pflegerischen Leistungen bleibt also bestehen (vgl. § 39 Abs. 1 S. 3 SGB V).
Die Verpflichtung zur Finanzierung einer Deutschen Gebärdensprachdolmetschung und anderer Kommunikationshilfen durch die Krankenversicherung bleibt ebenfalls bestehen. Dazu gehört auch die Kommunikation in einfacher oder Leichter Sprache (vgl. § 17 Abs. 2 SGB I).
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