Kompetenzzentrum Autismus

Das Kompetenzzentrum Autismus Schwaben-Nord Augsburg berät Menschen mit Autismus, deren Angehörige, Freunde und Fachpersonal.

Im ICD 10, der internationalen Klassifikation von Krankheiten in der 10. Auflage, ist Autismus unter dem Kennzeichen "F84. Tiefgreifende Entwicklungsstörungen" zu finden. Hier werden folgende Unterteilungen vorgenommen:

F 84.0 Frühkindlicher Autismus

 Diese Form wir durch vier Kernmerkmale gekennzeichnet:

• Qualitative Beeinträchtigungen wechselseitiger sozialer Interaktionen
• Qualitative Beeinträchtigung der Kommunikation
• Eingeschränkte Interessen und stereotype Verhaltensmuster
• Beginn vor dem 3. Lebensjahr

Zudem werden eine Vielzahl unspezifischer Probleme wie Phobien, Schlaf- und Essstörungen, Wutausbrüche und Aggression aufgezählt.

F84.1 Atypischer Autismus

Diese Form unterscheidet sich vom frühkindlichen Autismus entweder dadurch, dass sie nach dem 3. Lebensjahr auftritt oder dass die Störung nicht alle Merkmale aufzeigt. So wird zwischen Autismus mit atypischen Erkrankungsalter und atypischer Symptomatologie unterschieden. Bei der ersten Variante sind alle Kriterien für den frühkindlichen Autismus erfüllt, allerdings erst nach dem 3. Lebensjahr. Bei der zweiten Variante werden also die Auffälligkeiten vor dem 3. Lebensjahr sichtbar allerdings nicht in allen 3 Bereichen (Kommunikation, Interaktion, Stereotypien)

F84.5 Asperger-Syndrom

Im ICD 10 wird das Asperger-Syndrom durch 4 Charakteristika gekennzeichnet:

• Qualitative Beeinträchtigung der sozialen Interaktion
• Ungewöhnliche ausgeprägte und spezielle Interessen
• Keine verzögerte Sprachentwicklung oder Einschränkung der kognitiven Entwicklung
• Die Störung ist nicht einer anderen tief greifenden Entwicklungsstörung zuzuordnen

Die Bezeichnung High-Functioning - Autismus ist in keiner Klassifikation momentan aufgeführt. Diese Variante ist oftmals schwer von dem Asperger-Syndrom zu unterscheiden. High-Functioning-Autismus bezeichnet die Störung des frühkindlichen Autismus, allerdings verfügen hier die Betroffenen über eine gute intellektuelle Begabung.

Stellungnahme zur Autismusstrategie Bayern

Das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales hat seine Autismusstrategie für Bayern vorgestellt. Das Kompetenzzentrum Autismus Schwaben-Nord nimmt dazu wie folgt Stellung.

Nach mehrjähriger Entwicklungszeit hat das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales seine Autismusstrategie für Bayern vorgestellt. Unter der Leitung von Herrn Prof. Dr. Markus Witzmann (Hochschule München) waren verschiedene Expert*innen, Autist*innen und Angehörige sowie Vertreter von Leistungsträgern, Interessensgruppen und kommunalen Spitzenverbänden an der Entwicklung von Empfehlungen für die Strategie beteiligt.

Durch diese breite Wissensbasis konnte eine umfangreiche und lebensweltorientierte Analyse der aktuellen Situation von Autist*innen in Bayern erfolgen und diese in eine wegweisende Handlungsstrategie überführt werden.

Die Autismusstrategie unterteilt sich in zwei Leitziele (gesellschaftlicher Bewusstseinswandel und Lebensqualität), die sich wiederum in fünf Handlungsfelder gliedern (Aufklärung, Wissenserweiterung, Früherkennung, Gesundheit und Teilhabe).

Den Kompetenzzentren Autismus in Bayern wird dabei eine tragende Rolle als Multiplikatoren und als Knotenpunkte für Netzwerke zwischen den verschiedenen Handlungsfeldern zugewiesen.
Im Bereich der Wissenserweiterung ist eine stärkere Vernetzung der Kompetenzzentren mit beispielsweise Krisendiensten und anderen Versorgungspflichtigen vorgesehen, um autismusspezifisches Wissen zu fördern und fallübergreifendes Vorgehen besser abstimmen zu können. 
Auch im Rahmen der Früherkennung sollen die Kontakte zwischen den Kompetenzzentren und den Frühförderstellen weiter intensiviert und so ein regelmäßiger Wissenstransfer zwischen den Einrichtungen etabliert werden.

Besonderes Augenmerk kommt den Kompetenzzentren im Handlungsfeld Teilhabe zu, wo sowohl eine räumliche als auch fachliche Ausweitung der Zuständigkeiten angestrebt wird. Die Außensprechstunden sollen bedarfsgerecht ausgebaut werden, damit in Zukunft eine flächendeckende Beratungsmöglichkeit gewährleistet werden kann. Das bestehende Beratungs- und Schulungsangebot soll stark erweitert werden, um kommunalen Diensten und Einrichtungen der Eingliederungshilfe entsprechende Dienstleistungen anbieten und damit deren autismusspezifische Leistungskompetenz verbessern zu können. 

Zukünftig sollen qualifizierte Peer-Berater*innen als Fachkräfte gewonnen, in der Beratung eingesetzt werden und an regionalen/überregionalen Veranstaltungen zur Bewusstseinsbildung mitwirken.
Im Bereich der Gruppenangebote und Freizeitmaßnahmen sollen verstärkt bedarfsgerechte und lebenspraktische Angebote konzipiert und durchgeführt werden, darunter auch Angebote der Tagesstruktur und Kommunikationstrainings.

Neben der oben bereits erwähnten Vernetzung mit unterschiedlichen Vertretern des Sozialwesens und anderen Kompetenzzentren soll die regelmäßige Datenerhebung an den Kompetenzzentren noch stärker zur Verbesserung  der Datengrundlagen für wissenschaftliche Evaluationen beitragen.
Mit der Autismusstrategie steht ein umfangreiches strategisches Konzept zur Verfügung, das die Situation von Autist*innen nachhaltig verbessern und ein besseres gesellschaftliches Bewusstsein für die Bedürfnisse autistischer Menschen schaffen kann.

Ob die Ziele in den Kompetenzzentren wie beschrieben umgesetzt werden können, hängt jetzt zum größten Teil von der Entwicklung im Bereich der verfügbaren Fachkräfte und der personellen Ausstattung ab.

Um eine Ausweitung der Netzwerktätigkeit, der Schulungs- und Beratungsleistung, eine Ausdehnung der Außensprechstunden, die Konzipierung neuer Freizeitangebote und die  Begleitung von Peer-Berater*innen leisten zu können, müssen zusätzliche Stellen in den Kompetenzzentren geschaffen und geeignetes Fachpersonal gefunden werden.

Dies stellt in unseren Augen derzeit die größte Hürde bei der zeitnahen Umsetzung der Autismusstrategie Bayern mit Blick auf die Autismus-Kompetenzzentren dar und erfordert eine gemeinsame Anstrengung zur Lösungsfindung.

Das Autismus-Spektrum wirkt sich in allen Aspekten des Lebens aus, wodurch verschiedene Institutionen und auch die Gesellschaft zum Handeln angeregt werden müssen. 
Die vorliegende Stellungnahme bezieht sich auf uns als Kompetenzzentrum Schwaben Nord, andere Einrichtungen können andere Schlüsse daraus ziehen.