Augsburg, 22.01.2010 (pca). Muss 
ein Mensch unter allen Umständen bis zum Zeitpunkt seines Todes notfalls auch 
künstlich ernährt werden? Was ist sein Wille, was ist medizinisch, rechtlich 
oder aus pflegerischer Sicht geboten? „Es gibt keine pauschale Antwort darauf“, 
so Augsburgs Diözesan-Caritasdirektor Prälat Peter C. Manz. „Die Würde eines 
jeden Menschen verlangt dass man sich um den bestmöglichen Weg bemüht.“ Dieser 
Frage, wie dieser bestmögliche Weg zu finden ist, widmete sich die erste  
Fachtagung 
 des interdisziplinären Ethikkomitees des 
Diözesan-Caritasverbandes in Augsburg. Sie beleuchtete aus ethischer, 
medizinischer und rechtlicher Sicht, wie in kritischen bzw. prekären 
Ernährungssituationen zu handeln bzw. eine Entscheidung zu finden sei, ob eine 
künstliche Ernährung einzuleiten sei oder nicht. 
 
 
Manz stellte klar, „dass Ernährung 
mehr meint, als nur das Sattsein sicherzustellen.“ Persönliche Gewohnheiten und 
Bedürfnisse bestimmten doch auch im Leben des gesunden Menschen sein 
Wohlbefinden. Das gelte auch am Ende des Lebens. Deshalb komme es darauf an, 
eine kritische Ernährungssituation sachgerecht wahrzunehmen und auch darauf zu 
reagieren, wo die Grenzen der künstlichen Ernährung liegen. 
 
 
Der katholische Moraltheologe, 
Prof. Dr. Eberhard  
Schockenhoff 
, der auch die 
Deutsche Bischofskonferenz berät, unterstrich die jahrhundertealte katholische 
Lehre, wonach der Mensch nicht nur eine vegetative physische Existenz habe, 
sondern sich auch durch eine geistig-personale Lebensvollzug auszeichne. 
„Lebenserhaltende Maßnahmen sind grundsätzlich geboten, aber es ist immer auch 
zu prüfen, ob diese Maßnahmen noch verhältnismäßig sind.“ Wo dies nicht mehr 
der Fall sei, erlösche die moralische Verpflichtung, ihn weiter zu versorgen. Dies 
widerspreche nicht der allgemeinen Pflicht zur Lebenserhaltung und zur 
Ernährung. Es gebe nämlich keine Verpflichtung zur unbegrenzten Lebenserhaltung. 
Eine Entscheidung, ob man entsprechende Maßnahmen abbreche oder nicht, dürfte 
allerdings nur nach einer Abwägung aller Umstände getroffen werden. 
 
 
Dass Essen und Trinken nicht nur 
eine biologische Funktion habe, sondern auch die persönliche Identität und 
zwischenmenschliche Solidarität stärke, zeigen nicht nur die  
jüdische, 
christliche und hinduistische 
 Religionen. Darauf machte die 
Religionswissenschaftlerin Prof.  
DDr 
. Birgit Heller 
von der Universität Wien aufmerksam. „Essen und Trinken sind Faktoren der 
sozialen Definition und Stellung eines jeden Menschen.“ Entzug von Nahrung 
bedeute demnach Ausgrenzung und den Abbruch der Kommunikation, aber – so merkte 
sie kritisch an, wenn die Ernährung aufrechterhalten, um das Leben im 
biologischen Sinn zu erhalten, „wenden wir uns da nicht gegen die Biologie der 
Endlichkeit unseres Lebens?“ 
 
 
Auch Christian Kolb vom MDK Bayern 
erinnerte an die Grenzen der  
Sinnhaftigkeit 
 
künstlicher Ernährung. „Bei sterbenden Menschen ist der Kalorien-Bedarf 
unwichtig, aber seine Bedürfnisse sind es.“ Untersuchungen zeigten z.B., dass  
demente 
 Menschen in familiären Esssituationen mehr Kalorien 
zunähmen, als wenn sie allein wären. „Je besser und dauerhafter die Beziehung 
zwischen der  
dementen 
 Person und der Pflegesituation 
auch beim Essen ist, umso besser ist die Ernährungssituation.  
Demente 
 Menschen lehnen im Wesentlichen aus zwei Gründen 
die Nahrungsaufnahme ab. Schuld daran seien die oftmals hohe Zahl von 
Medikamenten, die eingenommen werden, und Schmerzen. Deshalb müsste man zunächst 
nach den Ursachen der Nahrungsverweigerung suchen, statt sich gleich die Frage 
zu stellen, ob ja oder nein zur künstlichen Ernährung. Untersuchungen, so Dr. 
Christoph Fuchs vom Klinikum  
Neuperlach 
, hätten 
gezeigt, dass man bei einer optimalen Abstimmung zwischen der Küche und dem 
Pflegebereich sehr viel machen vorher machen und erreichen könne, so dass sich 
die Frage ob künstliche Ermährung ja oder nein erst gar nicht stellt. 
 
 
 
 
 
Infos zum Ethikkomitee.
 
 
Das Ethikkomitee des Caritasverbandes 
für die Diözese Augsburg e.V., das im Jahr 2008 gegründet worden war, will die 
stationäre, ambulante Pflege sowie den Behinderten- und Hospizbereich in 
schwierigen ethischen Fragen unterstützen und sie begleiten, die 
Selbstbestimmung und Fürsorge stärken, Leben und Sterbe in Würde ermöglichen 
und auf die öffentliche Diskussion Einfluss nehmen. Schwerpunkte der Arbeit 
waren bislang die Frage der Klinikeinweisung und die Ernährungssituation in der 
Pflege. Zudem hat das Ethikkomitee einen Leitfaden für die Moderation und die 
Protokollierung einer Ethischen Fallbesprechung erarbeitet.  
  
 
 
                