Ursberg 
 
 
, 3.5.2012 ( 
pca 
). 
„Beim Prüfen müsst Ihr als Prüfer stark bleiben.“ Dieser Satz appelliert an 
Stärke und Durchsetzungsvermögen. Man fühlt sich an Managementkurse erinnert. 
Doch Ricarda Kluge sprach nicht in forschen Worten zu künftigen 
Entscheidungsträgern in der Wirtschaft. Sie wandte sich an Menschen mit 
unterschiedlichsten Behinderungen, ermutigend, aber auch bittend. 
 
 
Gemeinsam mit ihrer Kollegin Anita  
Kühnel 
, selbst eine Betroffene, gibt Kluge Seminare in ganz 
Deutschland zur ‚Leichten Sprache’ und arbeitet für ‚ 
Mensch zuerst – Netzwerk People First Deutschland 
e.V.’ in Kassel 
. In  
Ursberg 
 hat sie nun einen 
Kurs für Menschen mit Behinderungen im Dominikus-Ringeisen-Werk gegeben. Ziel 
der Leichten Sprache ist es, Texte für möglichst viele Menschen zugänglich, 
d.h. verständlich zu machen. Sind sie es nicht, wirken sie auf Menschen, die 
auf einfache verständliche Texte in Leichter Sprache angewiesen sind, wie 
Treppen für Rollstuhlfahrer, nämlich wie eine unüberwindbare Barriere. 
 
 
Acht Menschen mit 
unterschiedlichsten Behinderungen nahmen an Kluges Kurs teil. Auch ihre 
Assistentinnen waren dabei. Ebenso eine Mutter. Die Kursteilnehmer haben sich 
auf einen Aufruf hin bei Maria Einberger als Prüfer beworben. Einberger leitet 
das Büro für Leichte Sprache des  
Dominikus-Ringeisen-Werkes 
 
in  
Ursberg 
. 
 
 
Die Prüfer selbst kommen aus den 
verschiedensten Bereichen des Dominikus-Ringeisen-Werkes und haben unterschiedliche 
Behinderungen. Allen gemeinsam sind die sogenannten Lernschwierigkeiten, wie 
sie selber sagen. Häufig wird dafür noch der Begriff der geistigen Behinderung 
verwendet. Manche Prüfer sind motorisch stark eingeschränkt und sitzen zum 
Beispiel im Rollstuhl, andere haben eine Sehbeeinträchtigung. Eine Prüferin 
nutzt ein Sprachausgabegerät, weil ihre Sprache schwer verständlich ist. Eine 
andere Prüferin ist gehörlos und kommuniziert mit Hilfe einer 
Gebärdendolmetscherin. 
   
Einer der Prüfer 
kann weder lesen noch schreiben. Er lässt sich die Texte vorlesen. So kann auch 
er seine Meinung dazu äußern. 
 
 
Für Einberger bilden die 
Kursteilnehmer das perfekte Team. „Nur wenn ‚Leichte Sprache’ möglichst vielen 
Menschen mit ihren individuellen Bedürfnissen, auch den Einschränkungen 
aufgrund von Behinderungen gerecht wird, erfüllt sie ihren Sinn. Ein Team aus 
unterschiedlichsten Prüfern ist dafür eine sehr gute Voraussetzung.“ 
 
 
Die ‚Leichte Sprache’ erfordert  
klare Regeln 
. „Prüfer müssen wissen, 
worauf es ankommt. Selbstverständlich auch die 
  
 
Übersetzer.“ So Kluge von ‚Mensch zuerst’. Übersetzer sind jene 
Menschen, die die Texte aus ihrer Ursprungsform in ‚Leichte Sprache‘ 
übertragen. 
 
 
Für die Wortwahl gilt es, auf kurze 
und einfache Wörter zu achten, auf Fremdwörter hingegen zu verzichten. Lange 
Begriffe wie Bundesgleichstellungsgesetz oder Werkstättenmitwirkungsverordnung 
z.B. sollten optisch getrennt werden in Bundes-Gleichstellungs-Gesetz bzw. 
Werkstätten-Mitwirkungs-Verordnung, um deren Lesbarkeit und Verständlichkeit zu 
verbessern. 
 
 
’Leichte Sprache’ vermeidet auch 
Abkürzungen wie d.h. oder usw. Das Gleiche gilt für Sonderzeichen wie z.B. % 
oder &. Zahlen sollten in Ziffern, nicht in Buchstaben geschrieben werden, 
12 also und nicht zwölf. 
 
 
Auch ist auf die Gestaltung des 
Textes zu achten. Jeder Zeile sonn nur eine Satzaussage enthalten. Trennungen 
von Wörtern über zwei Zeilen sind tabu. Klare Absätze sollen gesetzt werden, 
wie auch tunlichst die gewählte Schrift auf Serifen, also ‚Füßchen’ und 
   
Querstriche der einzelnen Buchstaben, 
verzichtet. Klar und schlicht soll die Schrift demnach sein. Freilich ist die 
Schriftgröße auch von entscheidender Bedeutung. Unter 14-Punkt darf kein Text 
in ‚Leichter Sprache’ gesetzt sein. Werden Bilder bzw. Piktogramme verwendet, 
müssen sie den Text erklären helfen. Als Schmuck dürfen sie nicht eingesetzt 
werden.
 
 
Und trotz aller einheitlichen 
Regeln gilt auch die Erfahrung: „Jeder Prüfer prüft anders.“ Die eine lässt 
sich den Text von seiner Betreuerin vorlesen, der andere setzt den Kopfhörer 
auf und hört sich den Text mit Hilfe eines Vorleseprogramms am Computer an. Die 
eine nutzt ihr Sprachausgabe-Gerät, um ihre Zustimmung zu signalisieren, der 
andere arbeitet am Computer und wiederum andere diskutieren mit ihrer 
   
Assistentin oder der 
Gebärdendolmetscherin. 
   
 
 
Doch nicht nur die praktische 
Voraussetzungen bestimmen die Unterschiede in der Bewertung der ‚Leichten 
Sprache’. Selbst einfache Wörter können zu Diskussionen führen. So gewinnt der 
Satz ‚Ich gehöre dazu“ hat für die gehörlose Prüferin die Bedeutung ‚ich höre 
zu’. Der Prüfer, der darauf angewiesen ist, dass man ihm die Texte vorliest, 
gibt deutlich zu verstehen, dass er ‚unterschiedlich’ besser versteht, weil 
deutlicher hört, als das Wort ‚verschieden’. Und die Gebärdendolmetscherin 
wirft ein, dass es aber in der in  
Ursberg 
 verwendeten 
Gebärdensprache keine Gebärde für ‚unterschiedlich’ gebe, dafür aber für 
‚verschieden’. 
    
 
 
Der Weg zur ‚Leichten Sprache’, die 
die Betroffenen als Prüfer freigeben müssen, ist also nicht einfach. Ricarda 
Kluge ermutigt deshalb die Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer: „Es gehört zu 
einem guten Prüfer, auch einen Streit auszuhalten.“ Nicht die Übersetzer 
entscheiden über die Freigabe, sondern die Prüfer. Für sie gelte es die oberste 
Regel zu beachten: „Kann ich das verstehen, was da steht?“
 
 
‚Leichte Sprache’ zu schreiben ist 
also nicht einfach. Das unterstreicht die Referentin Kluge sehr deutlich: 
„’Leichte Sprache’ ist keine Kindersprache!“ Das dürfe sie auch nicht sein. Die 
Menschen mit Behinderungen in den Einrichtungen der Behindertenhilfe sind 
erwachsen, „die nicht wie Kinder angesprochen werden wollen“, so Einberger vom 
Dominikus-Ringeisen-Werk. 
 
 
 
 
 
Kontakt und weitere Informationen:
 
 
Dominikus-Ringeisen-Werk
 
 
 
Prämonstratenserstr 
 
 
. 7
 
 
86513  
Ursberg 
 
 
 
 
Telefon: 08281 790717
 
 
Telefax: 08281 798012
 
 
E-Mail:  
beratung-uk.drw@ursberg.de 
 
 
 
 
 
 
 
Weitere Infos:
 
 
für die Regeln der Leichten 
Sprache. Dort findet man auch eine Liste all der Bücher, die bereits in 
Leichter Sprache veröffentlicht wurden. 
 
 
 
 
Nachrichten in Leichter Sprache 
findet man unter  
www.hurraki.de 
 
 
 
 
                