Unbedingtes Mitspracherecht gefordert - Grundsatz "Nichts über uns ohne uns"
Augsburg, 08.08.2023. Über das eigene Leben bestimmen zu können, stellt niemand in unserer Gesellschaft in Frage. Vermeintlich. Menschen mit Behinderung müssen sich dieses Privileg erst erstreiten. Und das tun sie. Die Caritas im Bistum Augsburg ist Vorreiter und bietet dafür eine Plattform, das Austausch-Treffen der Bewohner-Vertretungen: "Gemeinsam sind wir stark!"
Die Wetterkarte kennen schon fast alle. Immerhin ist sie seit dem ersten Treffen im Jahr 2020 dabei und bietet den Teilnehmenden die Möglichkeit zu zeigen, wie sie sich heute fühlen. Dieses Mal war es eine gut gelaunte, gemischte Gruppe, die aus vielen Winkeln der Diözese Augsburg zusammenfand.
Ihre Aufgaben sind vielfältig: Sie vertreten die Wünsche der Bewohner*innen aus den Mitgliedseinrichtungen, informieren diese über wichtige Themen, entwickeln Ideen zur Unterstützung ihrer Mitbewohner und erörtern Wege, wie sie damit an die Politik herantreten können. Kathrin Schulan, Verena Rauch und Lisa Dezauer von der Caritas für die Diözese Augsburg bieten den Bewohnervertretern ein Forum, in dem sie ihre Rechte kennenlernen und die Möglichkeit haben, sich untereinander auszutauschen. Die Selbstbestimmung der Teilnehmenden wird hier gefordert. Jeder hat eine Stimme. Damit sie auch gesehen wird, haben die Teilnehmenden eine gelbe "JA" und eine rote "NEIN" Karte. "Hier wird Freiheit gelebt", sagte eine Bewohnervertreterin.
Wer sich mit anderen vernetzt, die dieselben Interessen verfolgen, kann etwas erreichen. Ein Beispiel
Die Delegation des Landesausschusses des Lebenshilfe-Landesverbandes Bayern e.V. stellt sich beim Bewohnertreffen von Wohneinrichtungen für Menschen mit Behinderungen vor.Katharina Hager
dafür erläuterten Mitglieder des Landesausschusses des Lebenshilfe-Landesverbands Bayern e. V.. Sie stellten bei dem Treffen der Bewohnervertretungen ihre Positionspapiere zu den Themen "Personalmangel" und "Was brauchen Menschen mit Behinderungen im Krankenhaus?" vor und welche Ziele sie damit wie erreichen wollen. Zudem beteiligen sie sich an politischen Entscheidungsprozessen. Als Selbstvertreter der Lebenshilfe können sie im Rahmen der Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe Bayern e. V. ihre eigenen Interessen als Betroffene bei den Rahmenvertragsverhandlungen und der Bedarfsermittlung (BiBay) selbst vertreten. Sie wollen sich das Mitspracherecht nicht nehmen lassen. Auch die Bewohnervertretungen der der Caritas-Mitgliedseinrichtungen sehen das genauso und fordern deshalb ebenfalls für sich das "unbedingte Mitspracherecht". So sieht es übrigens das Motto des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) auch vor: "Nichts über uns ohne uns".
Die Teilnahme an diesen Austausch-Treffen ist ehrenamtlich, aber notwendig für die Menschen, um ihre Lebensumstände selbst mitzugestalten. Und doch ist einigen Bewohnervertretenden der Zugang dazu erschwert bis unmöglich. Es gibt keine gesetzlichen Regelungen über Freistellungen wie es sie beispielsweise in den Werkstätten gibt. Doch genau diese braucht es. Andere Schwierigkeiten sind beispielsweise Barrieren im Umgang mit Handys, wodurch den Bewohner*innen die digitale Teilhabe erschwert wird. Um dem entgegenzuwirken startete die Caritas das Projekt "Carikom" - die barrierefreie Bildschirm-App für Menschen mit Behinderungen und Senior*innen. Die Bewohnervertretung unterstützt dabei die Weiterentwicklung der App durch Rückmeldungen zur Anwendungsfreundlichkeit.
Im Anschluss an den regen Austausch der Bewohnervertretungen lud das Fachgebiet Behindertenhilfe des Caritasverbandes zu einer barrierefreien Stadtführung in einfacher Sprache ein.